In Science-Fiction-Filmen können Autos fliegen: Das passiert in Zukunft wahrscheinlich nicht. Und trotzdem wird sich Mobilität verändern – vor allem durch digitale Technik. Seit fast 100 Jahren sind Menschen mit Verkehrsmitteln auf der Straße, auf der Schiene, auf dem Wasser oder in der Luft unterwegs. Schon bald werden sich Fahrzeuge wie Autos, Züge, Schiffe und Flugzeuge selbst steuern und selbst vernetzen, um Passagiere schnell und sicher ans Ziel zu bringen.
Denn immer weitere Innovationen verändern den Markt der Mobilität. Autonomes Fahren mit dem Auto und ohne Hilfe von Menschen ist wohl der prägendste Trend für die zukünftige Mobilität. Diese neuen Möglichkeiten werden sich auch auf gesellschaftliche Bereiche wie Ethik, Recht und Wirtschaft auswirken.
Mit dem automatisierten Fahren sollen Verkehrsmittel vor allem effizienter werden, wenn diese Technik zukünftig die Mobilität von Menschen und Gütern bestimmen wird. Im Entwicklungsprozess sind auch Verkehrsmittel, die sich in neuen Sphären fortbewegen.
Das Auto – mobil, aber effizient?
Es gilt als das beliebteste und das ineffizienteste Verkehrsmittel – das Auto. Meist ist es nur Mittel zum Zweck, um von einem Ort zum anderen Ort zu kommen, und in der restlichen Zeit steht es ungenutzt auf einem Parkplatz, beispielsweise, wenn Menschen täglich zum Arbeitsplatz pendeln. Denn an einem Arbeitstag fährt ein Auto durchschnittlich fünf Prozent der Zeit und es sitzen maximal zwei Menschen im Auto, obwohl viel Kraftstoff verbraucht wird. Nicht zuletzt ist das Auto auch das unsicherste Verkehrsmittel – immerhin 2,5 Millionen Unfälle mit fast 3.500 Toten sind 2015 in Deutschland passiert, ermittelte das Statistische Bundesamt.
Diese Dinge sollen sich in Zukunft bessern, denn Bundesverkehrsminister Alexander Dobrindt hat es bereits angekündigt: „Das automatisierte und vernetzte Fahren ist die größte Mobilitätsrevolution seit der Erfindung des Autos. Wir wollen diese Technologie auf die Straße bringen.“
Automatisiertes Fahren
Seit vielen Jahren gibt es technische Hilfen, um besser Auto zu fahren – sogenannte Assistenzsysteme, die eine Geschwindigkeit oder einen Abstand konstant halten, die beim Bremsen oder beim Parken unterstützen. Eigentlich sind kaum noch Autos unterwegs, die ausschließlich von Menschen gefahren werden. Deshalb lassen sich beim automatisierten Fahren verschiedene Kategorien unterscheiden, welche die Bundesanstalt für Straßenwesen im Jahr 2012 definiert hat.
Klassifizierung
Für automatisierte Autos gibt es mindestens drei Klassifizierungssysteme, deren Details im Artikel „Was ist der Unterschied zwischen einem autonomen Auto und einem autonomen Auto?“ von heise (Stand: August 2015) genannt werden.
- „Driver only“: Das Auto wird immer von einem Menschen gefahren – also beschleunigt und gelenkt, ohne dass Assistenzsysteme helfen. Eine Kategorie, die es aktuell schon nicht mehr gibt, weil Autos seit 2004 serienmäßig mit dem Antiblockiersystem (ABS) ausgestattet werden.
- „Assistiert“: Das Auto wird immer von einem Menschen gefahren und durch Assistenzsysteme unterstützt, die entweder im Notfall regieren, zum Beispiel ABS und ESP, oder mehr Komfort bieten, zum Beispiel einen Tempomat oder eine Einparkhilfe.
- „Teilautomatisiert / hochautomatisiert“: Das Auto kann bestimmte Fahraufgaben selbst ausführen oder zeitweise autonom fahren, obwohl immer ein Mensch erforderlich ist, der das Fahrverhalten korrigieren kann. Ein Beispiel ist das automatische Fahren auf Autobahnen, wenn die Strecke zwischen Einfahrt und Ausfahrt an einen „Autopiloten“ übergeben wird und nur jenseits der Autobahn manuell gefahren wird. Bei hochautomatisierten Autos darf sich der Mensch während der Fahrt auch mit anderen Dingen beschäftigen, wird aber im Zweifelsfall vom System aufgefordert, das Fahren wieder zu übernehmen – „mit ausreichender Zeitreserve“.
- „Vollautomatisch“: Das Auto fährt immer autonom, so dass kein Mensch notwendig ist, der das Fahren übernehmen kann. Menschen sind Passagiere, die nicht selbst eingreifen müssen, aber immer die Option haben, das Auto zum sicheren Halt zu bringen – zum Beispiel per Knopfdruck oder Sprachbefehl –, welche im Band „Autonomes Fahren“ als Safe-Exit beschreiben ist.
Dokumentation
zum „Automated Vehicles Symposium“ im Jahr 2016 mit Präsentationen und Protokollen.
Ob sich die Mobilität in Zukunft tatsächlich stufenweise entwickelt, wie bisher von „driver only“ zu „assistiert“ und zukünftig über teilautomatisiert und hochautomatisiert zu vollautomatisch, ist nicht klar. Die deutlichsten Konsequenzen für die Mobilität hat wohl das vollautomatische Fahren: Dann werden Menschen zu Passagieren und Autos sind Roboter, die eigenständig unterwegs sein können – zum Beispiel, um einen Parkplatz zu finden oder Güter zu transportieren. Prinzipiell soll das autonome Fahren sicherer, komfortabler und umweltfreundlicher sein. Damit das in Zukunft passiert, müssen noch einige Fragen beantwortet und Probleme gelöst werden.
Die Sicherheit
Mehr Teilhabe
Letztlich kann autonomes Fahren auch mehr Teilhabe an der Gesellschaft bedeuten, wenn auch Menschen ohne Fahrerlaubnis mit einem Auto unterwegs sein können. Das gilt auch für Menschen, die aufgrund von einer Behinderung aktuell kein Auto steuern dürfen.
Das wichtigste Ziel beim autonomen Fahren ist es, Unfälle zu vermeiden – besonders solche, die tödlich enden. Denn 2015 sind in Deutschland fast 3.500 Menschen bei Autounfällen gestorben und weltweit hat es sogar rund 1,25 Millionen Verkehrstote gegeben. Immerhin stagniert die Zahl der Todesfälle, obwohl die Zahl der Autos jährlich zunimmt, weil bereits Assistenzsysteme helfen, dass Autofahren sicherer wird. Jochen G. Fuchs schreibt für t3n in einem Plädoyer dafür, Menschenleben in Computerhand zu legen: „Zwar gibt es noch einiges, was der Mensch besser beherrscht als eine Maschine. Aber Fortbewegungsmittel mit hoher Geschwindigkeit zu Luft oder Lande zu steuern gehört nicht dazu.“
Auto tötet Mensch!?
Der erste tödliche Unfall mit einem autonom fahrenden Auto hat im Mai 2016 Schlagzeilen gemacht, als ein Tesla-Modell einen abbiegenden Truck nicht richtig erkannt hat und eine Kollision verursachte. Zu bedenken ist, dass die seltenen Unfälle durch autonom fahrende Autos in den Medien präsenter sind als die vielen Unfälle durch manuelles Fahren.
Ebenso können autonom fahrende Autos auch Leben retten, wie ein weiteres Ereignis zeigt: Ein Fahrer, der durch starke Schmerzen fahrunfähig wurde, konnte per Sprachbefehl veranlassen, dass sich das autonom fahrende Auto auf den Weg in ein Krankenhaus machte. Somit konnte das Leben des Fahrers gerettet werden und wahrscheinlich auch ein Unfall wegen seiner Fahrunfähigkeit vermieden werden.
Die meisten Unfälle, etwa 90 Prozent, ereignen sich durch menschliche Fehler – etwa wegen hoher Geschwindigkeit, geringem Sicherheitsabstand oder fehlender Aufmerksamkeit, wenn Fahrer abgelenkt, müde oder betrunken sind. Solche Unfälle werden mit autonom fahrenden Autos quasi nicht mehr passieren, weil Fahrroboter die Geschwindigkeit und den Sicherheitsabstand genau einhalten können und auch bessere Reaktionszeiten als menschliche Fahrer haben. Deshalb sollte es in Zukunft, wenn Autos autonom unterwegs sind, weniger Unfälle und kaum noch Verkehrstote geben. Denn autonom fahrende Autos sollten auch bei nicht vermeidbaren Unfällen immer eine Option wählen, die am wenigsten Schaden bei Menschen verursacht.
Aktuell wird nur ein Prozent der Unfälle durch technische Fehler im Auto verursacht, wie Thomas Winkle im Text „Sicherheitspotenzial automatisierter Fahrzeuge: Erkenntnisse aus der Unfallforschung“ schreibt – auch mit dem Hinweis, dass diese Zahl in Zukunft zunehmen wird, weil autonomes Fahren mehr Technik einbindet als das assistierte Fahren. So ist es wahrscheinlich, dass es mehr Unfälle geben wird, weil die Hardware oder Software beim Fahren fehlerhaft oder defekt ist. Trotz dieser neuen Risiken kann man davon ausgehen, dass die Zahl der Unfälle weltweit sinken wird, wenn autonom fahrende Autos unterwegs sind. Denn Winkle meint: „Die Chancen für mehr Verkehrssicherheit steigen durch eine zunehmende Automatisierung von Fahrzeugen.“
Der Komfort
Mit autonom fahrenden Autos lässt sich viel Zeit sparen, wenn Passagiere direkt am Ziel aussteigen können und die Suche nach einem freien Parkplatz entfällt, weil das Fahrzeug anschließend selbst nach einer Möglichkeit sucht, um regelkonform zu parken, und die Passagiere für die Rückfahrt wieder am gewünschten Ort abholt.
Neues Design
Weil kein Fahrer erforderlich ist, der vorn am Lenkrad sitzt, wird sich wohl das Design von autonom fahrenden Autos ändern – vor allem im Innenraum. Dort könnte sich die typische Position und Funktion der Sitzplätze ändern, so dass sich Passagiere während der Fahrt auch gegenübersitzen oder hinlegen können. Beispielsweise wird das fahrerlose Google-Auto ohne Lenkrad und Pedale produziert.
Auch die Zeit in autonom fahrenden Autos können Menschen flexibler gestalten, weil es nicht nötig ist, sich auf das Fahren zu konzentrieren, so dass man die Fahrzeit für andere Dinge nutzen kann – zum Beispiel zum Arbeiten, Essen, Schlafen oder für Unterhaltung. Passagiere haben freie Zeit, die durch eingebaute Technik mit Filmen, Musik, Spielen oder im Internet verbracht werden kann. Zusätzlich kommen Passagiere auch stressfreier ans Ziel, wenn sie das Fahren nicht selbst übernehmen müssen.
In den nächsten Jahren kommen autonom fahrende Autos auf die Straße und sind zeitgleich mit manuell fahrenden Autos unterwegs. Dieser gemischte Verkehr könnte problematisch sein, weil Entscheidungen durch menschliche Fahrer anders getroffen und Verkehrsregeln vielfältiger interpretiert werden als durch autonom fahrende Autos. Und das kann den Verkehr zunächst stören: Es ist wichtig, dass Fahrroboter erkennen, wenn Menschen auf der Straße sind, und entweder ausweichen oder anhalten. Jedoch ist noch nicht klar, wie verhindert werden kann, dass Menschen dieses Verhalten ausnutzen und auf die Straße laufen, weil sie wissen, dass die autonom fahrenden Autos reagieren.
Prinzipiell stellt sich die Frage, wie genau sich automatisierte Fahrzeuge an die Verkehrsregeln halten sollen: zum Beispiel, wenn eine durchgängige Mittellinie überfahren werden muss, um ein Hindernis zu passieren oder wenn menschliche Fahrer auf regelkonformes Verhalten verzichten und anderen Verkehrsteilnehmern signalisieren, dass diese fahren sollen.
Die Umwelt
Auch in Zukunft wird der Verkehr auf den Straßen zunehmen – und zugleich durch autonomes Fahren optimiert. Denn autonom fahrende Autos können den vorhandenen Platz auf Straßen und Parkplätzen besser nutzen als menschliche Fahrer. Es ist machbar, dass Autos mit wenig Abstand hinter- und nebeneinander fahren, weil die Fahrroboter eine enge Spur und einen kurzen Abstand konstant halten und auf andere Fahrzeuge abstimmen können. Autos, die autonom einparken, müssen nur einen minimalen Abstand einhalten, weil kein Fahrer aus- und einsteigen muss, um das Auto zu steuern. Das bedeutet, auf den Straßen und Parkplätzen von heute wäre zukünftig auch Platz für mehr Fahrzeuge, ohne dass neue Infrastruktur entstehen muss, womit die Natur geschont werden könnte.
Zusätzlich werden Staus seltener, weil der gleiche Raum von mehr autonom fahrenden Autos genutzt werden kann als von Autos mit menschlichen Fahrern. Und Fahrroboter passen ihre Geschwindigkeit genau dem vorausfahrenden Fahrzeug an, um den Effekt zu vermeiden, dass nachfolgende Autos immer etwas mehr abbremsen und der fließende Verkehr schließlich zum Stau wird.
Straßen mit Stockwerken
Verschiedene Szenarien in Asien zeigen, dass Straßen in Zukunft auch mehrere Stockwerke nutzen könnten, um den dichten Verkehr aus autonom fahrenden Autos nicht zu unterbrechen: Ein breiter Bus, welcher über der Straße fährt, wird in China entwickelt. Wie auf einer integrierten Brücke fährt der „Transit Elevated Bus“ über den Autos, dazu gleiten die „Brückenpfeiler“ auf Schienen am Rand von mehrspurigen Straßen entlang. Und in Shanghai werden kreisförmige Wege für Fußgänger oberhalb von Kreuzungen angelegt, so dass in Zukunft autonom fahrende Autos nicht mehr stoppen müssen.
Auf den Straßen sparen autonom fahrende Autos nicht nur Platz und Zeit, sondern auch Ressourcen – egal, mit welchem Kraftstoff die Fahrzeuge unterwegs sind. Durch einen optimierten Fahrstil und optimierte Routen, die Staus vermeiden und Fahren im Konvoi bevorzugen, werden Ressourcen nicht verschwendet und somit die Umwelt entlastet.
Im besten Fall können in Zukunft sogar weniger Autos unterwegs sein, die autonom fahren – das prognostizieren einige Wissenschaftler. Es wäre möglich, den Verkehr zu reduzieren, wenn Autos ohne Fahrer unterwegs sind und per App auf dem Smartphone zum gewünschten Ort bestellt werden, um Passagiere zum Ziel zu bringen und anschließend die nächste Fahrt zu erledigen. In einem solchen Szenario müssten Menschen kein Auto mehr besitzen, sondern könnten es mit anderen Passagieren teilen. Dann würden weniger Autos ungenutzt auf Parkplätzen herumstehen, sondern wären unterwegs – nach dem schon bekannten Carsharing-Prinzip, bei dem Passagiere nach gefahrenen Kilometern oder mit einer Pauschale bezahlen.
Durch autonomes Fahren wird Carsharing – oder zukünftig „mobilitiy on demand“, die per Smartphone funktioniert – wesentlich attraktiver und umweltfreundlicher, weil man für ein Auto nicht mehr zu einer Sammelstation muss, sondern es zu seinem eigenen Startpunkt bestellen und am Zielort abstellen kann. Zusätzlich könnten unterwegs weitere Passagiere mit einer ähnlichen Route mitgenommen werden, so dass die Autos – besonders im Berufsverkehr – fast voll ausgelastet sind. Zudem würden die Kosten für alle Passagiere sinken und das umweltschonende Fahren belohnt. Auf diese Weise könnten autonom fahrende Autos in Zukunft das Taxi ersetzen und den öffentlichen Verkehr ergänzen.
Kulturen des Teilens
In der Reihe IM BLICKPUNKT ist auch eine Ausgabe zu „Kulturen des Teilens“ erschienen.
Dass „mobility on demand“, also per Smartphone bestellte autonom fahrende Fahrzeuge, die individuelle Fahrten mit geringen Wartezeiten leisten, funktionieren kann, bestätigt Carlo Ratti, der am MIT zum Thema Mobilität forscht – mit dem Ergebnis, dass etwa 20 Prozent der Autos genügen, damit Menschen in einer Stadt mobil sein können.
Denn sie wissen, was sie tun: Wie entscheiden Fahrroboter?
Obwohl autonom fahrende Auto sicherer sind, werden auch Situationen eintreten, in denen es unvermeidlich ist, dass ein Unfall passiert. Welche Konsequenzen so ein Unfall hat, ist heute immer vom Fahrer abhängig – nämlich, wie schnell er reagiert und was er konkret tut. So ist bei Unfällen vom Blechschaden bis zum tödlichen Unglück alles möglich.
Hingegen entscheidet beim autonomen Fahren eine Software im Auto – und zunächst hat das Vorteile. Immerhin können Fahrroboter viel schneller reagieren und auch zahlreiche Daten berücksichtigen, die einem Fahrer gar nicht vorliegen können. Verständlicherweise ist die Software von autonom fahrenden Autos so programmiert, dass sich der Fahrroboter für die am wenigsten schädliche Option entscheidet.
Sobald es bei einem Unfall unvermeidlich ist, dass mindestens ein Mensch verletzt oder getötet wird, stellen sich ethische Fragen hinsichtlich der Programmierung von Software für autonom fahrende Autos – und die Antworten sind noch offen. Soll der eigene Passagier oder ein fremder Mensch verletzt werden, wenn absehbar ist, dass die Verletzungen ähnlich wären? Soll eher ein Motorradfahrer mit Helm, der sich an die Regeln hält, oder ein Motorradfahrer ohne Helm, der schwerer verletzt wird, in einen Unfall verwickelt werden? Wer soll sterben, wenn ein tödlicher Unfall nicht zu vermeiden ist – vielleicht die ältesten Menschen?
Die moralische Maschine
„Moral Machine“ ist ein englischsprachiges Angebot des Massachusetts Institute of Technology (MIT), mit dem man selbst ethische Dilemmata beim autonomen Fahren beurteilen kann. Die eigenen Ergebnisse werden mit denen anderer Nutzern verglichen.
Während Menschen bei einem Unfall nur intuitiv reagieren können, ist es für autonom fahrende Autos möglich, eine konkrete Entscheidung zu treffen. Und dazu ist eine Grundlage nötig – zum Beispiel Zahlen und / oder Fakten.
Jedoch ist es per Gesetz verboten, Menschen zu töten ist oder aufgrund ihrer Merkmale – zum Beispiel Alter oder Geschlecht – zu diskriminieren. Ein Dilemma für das autonome Fahren, weil die Software anhand von bekannten Kritiken reagieren muss. Während menschliche Fahrer keine bewusste Entscheidung treffen, welche und wie viele Menschen zu Schaden kommen, befindet sich diese Verantwortung zukünftig bei den Menschen, die die Software für autonomes Fahren entwickeln und programmieren, aber nicht am Unfall beteiligt sind. Letztlich bestimmen Menschen, die für die Fahrzeugbranche arbeiten, welche Daten und Fakten genutzt werden und aufgrund welcher Kriterien sich ein Fahrroboter entscheidet, wie ein Unfall verläuft. Der Unterschied ist, dass es bei menschlichen Fahrern ein „Sterbenlassen“ und beim autonomen Fahren ein „bewusstes Töten“ ist, wie Patrick Lin im Text „Why ethics matter for autonomous cars“ schreibt, der im Band „Autonomes Fahren“ erschienen ist.
Ob auf die offenen ethischen Fragen beim autonomen Fahren auch allgemein akzeptierte Antworten gefunden werden, ist derzeit noch unklar.
Technik und Datenschutz
„Fehlende Informationen“
„Netzpolitik.org“ kritisiert in einem Artikel, dass es zu Fehlfunktionen von Software in Autos bislang noch keine Informationen oder Statistiken gibt.
Autonomes Fahren erfordert viel Technik, die auch versagen oder ausfallen kann – ein Risiko, das sich wie bei anderen technischen Geräten nicht komplett vermeiden lässt. Jedoch muss beim autonomen Fahren eine maximale Zuverlässigkeit der Technik gewährleistet sein, um Unfälle mit Passagieren zu minimieren. Eine Herausforderung ist, dass autonom fahrende Autos über Sensoren „richtig“ sehen können, um eine korrekte Entscheidung zu treffen – etwa wenn sich ein Kind, ein Tier oder ein Gegenstand wie eine leere Plastiktüte auf der Straße bewegen.
Zusätzlich muss autonomes Fahren vor externen Einflüssen sicher sein. Die Technik muss weiter funktionieren, wenn die Datenströme zum Fahrroboter unterbrochen sind, oder gewährleisten, dass das Fahrzeug sicher anhalten kann. Auch gegen manipulative Angriffe von Kriminellen muss die Technik gut geschützt sein, sonst können Daten gestohlen, Passagiere überwacht oder Fahrroboter umprogrammiert werden. Deshalb ist es wichtig, dass die Datenströme beim autonomen Fahren gut geschützt und verschlüsselt sind.
Recht und Politik
„Die sieben Hürden“
„Die sieben Hürden zum selbstfahrenden Auto“ – aufgeschrieben von Daniel Sokolov für heise.de (Stand: Juli 2015)
Wie Mobilität in Zukunft sein wird, ist abhängig vom technischen Fortschritt sowie von rechtlichen und politischen Rahmenbedingungen: Es gilt, für autonom fahrende Autos auch Rechtssicherheit zu schaffen, zum Beispiel, inwiefern Autos ohne Fahrer auf den Straßen unterwegs sein dürfen und wer bei solchen Fahrten haften muss, falls ein Unfall passiert. Das bedeutet, durch Gesetze kann der Einsatz autonom fahrender Autos entweder beschleunigt oder gebremst werden.
Um im globalen Wettbewerb mitzuhalten, möchte die deutsche Regierung optimale Bedingungen für die Mobilität der Zukunft schaffen, denn einige Bundesstaaten in den USA haben bereits autonom fahrende Autos im Verkehr zugelassen. Auch das Wiener Übereinkommen über den Straßenverkehr, ein internationaler Vertrag von 1968 zur Standardisierung der Verkehrsregeln, ist zugunsten autonom fahrender Autos geändert worden. Bisher hat dieser Vertrag einen Menschen als Fahrer von Autos erfordert und somit keine Fahrroboter wie beim autonomen Fahren erlaubt. In Deutschland wurde 2015 eine „Strategie automatisiertes und vernetztes Fahren“ von Bundesverkehrsminister Alexander Dobrindt beschlossen, die Maßnahmen in den fünf Handlungsfeldern Infrastruktur, Recht, Innnovation, IT Sicherheit und Datenschutz definiert. Und das mit dem Ziel, Deutschland zum Leitmarkt für solche Fahrzeuge zu machen.
Mobilitäts-Mix
Mobilität wird in Zukunft durch autonom fahrende Verkehrsmitteln geprägt und multimodal sein, das bedeutet, es wird die beste Mischung aus allen vorhandenen Mobilitäts-Optionen ermittelt – hinsichtlich Dauer, Komfort oder Umweltverträglichkeit. Die optimale Route vom Start zum Ziel kann aus einem Mix von Strecken zu Fuß oder per Rad, mit autonom fahrenden Autos oder öffentlichen Verkehrsmitteln mit Hochgeschwindigkeit zusammengesetzt sein – und am besten durch eine App auf dem Smartphone in kurzer Zeit ermittelt werden.
Wirtschaft und Beruf
Folgen für die Berufswelt
Es ist möglich, dass hinsichtlich der Mobilität in Zukunft einzelne Branchen, Jobs und Geldquellen verschwinden. Zum Beispiel: Wenn autonom fahrende Autos immer korrekt parken, fehlen den Kommunen womöglich die Einnahmen durch Strafzettel.
Durch autonomes Fahren werden einige Berufe unnötig, welche für die Mobilität bisher unverzichtbar gewesen – LKW-Fahrer, Zugführer, Schiffskapitäne könnten in Zukunft nicht mehr wichtig sein, weil sich die Verkehrsmittel entweder selbst steuern oder ferngesteuert sind. Vor allem Züge und (Last-)Schiffe könnten aus der Ferne koordiniert und kontrolliert werden. So hat die Deutsche Bahn angekündigt, dass Züge in 10 bis 20 Jahren aus einer Betriebszentrale gesteuert werden sollen.
Der Markt der Mobilität verändert sich radikal und das hat wirtschaftliche Konsequenzen: Die Hersteller von Verkehrsmitteln – vor allem in der Automobilbranche – haben neue Konkurrenz. Denn Auto-Firmen werden aktuell von IT-Firmen überholt: etwa von Google und Tesla, welche die Software für autonomes Fahren auch durch Hardware ergänzen und sich so zu Mobilitätsanbietern entwickeln.
Besonders im Güterverkehr werden Menschen durch autonom fahrende Autos entbehrlich, denn Ziel ist es, Waren oder Material von einem Ort zum anderen zu transportieren; somit sind menschliche Fahrer nur Mittel zum Zweck, die regelmäßig Pausen einlegen müssen, um am Lenkrad fit zu sein. Hingegen können autonom fahrende LKW ununterbrochen und dennoch nahezu unfallfrei unterwegs sein.
Mobil in anderen Sphären
Die Mobilität der Zukunft wird sich nicht auf Straßen begrenzen, sondern auch durch die Luft führen, um einerseits die Wege über Land zu entlasten und andererseits schneller zu sein als auf dem Land.
Möglicherweise rasen Menschen und Material in Zukunft durch eine Röhre? Das ist ein Mobilitätskonzept von Elon Musk, der aktuell mit der Firma Tesla das Fahren auf der Straße verändert. Mit „Hyperloop“ sollen Menschen und Güter reisen können, die wie eine Rohrpost in Kapseln durch Röhren transportiert werden – und das mit Hochgeschwindigkeit. Bis zu 1.200 km/h schaffen die Kapseln, die sich fast durchs Vakuum und auf einem Luftpolster bewegen, um die Reibung in der Röhre zu reduzieren. Aktuell entstehen Prototypen und Teststrecken für „Hyperloop“ und das Konzept, das in englischer Sprache online veröffentlicht ist, kann jeder noch verbessern und ergänzen – bis in Zukunft die erste „Hyperloop“-Strecke Los Angeles und San Francisco in etwa einer halben Stunde verbinden soll.
Luftraum wird voller
Auch in der Luft wird es immer voller – mit flightradar24 lässt sich der weltweite Flugverkehr in Echtzeit verfolgen, der in Zukunft um jährlich fünf Prozent zunehmen soll.
Warenlieferungen zu Kunden werden vermutlich in die Luft gehen: Denn Drohnen sind die Paketboten der Zukunft und können online bestellte Waren aus dem Lager zum Kunden transportieren und zum Beispiel auf dem Balkon ablegen, wenn niemand zuhause ist. Ebenfalls möglich ist der Transport von fertigem Essen durch Lieferdienste oder von eiligen Medikamenten durch Apotheken. Lieferungen per Drohne können zeitlich und örtlich nach den Kundenwünschen erledigt werden, ohne dass der Straßenverkehr belastet wird.
Aktuell wird an der Leistung von Drohnen gearbeitet, um Reichweite und Nutzlast für Lieferungen durch die Luft zu optimieren. Zudem kämpfen Liefer-Firmen um spezielle Luftkorridore, damit Drohnen möglichst schnell und unfallfrei unterwegs sein können.
Durch die Luft ist ein weiteres Ziel erreichbar: das Weltall. Eine Reise dorthin soll in Zukunft nicht nur für Astronauten, sondern auch für Touristen möglich sein. Inzwischen gibt es private Raumfahrt-Firmen, die schon bald Passagiere ins Weltall befördern wollen – für eine sechsstellige Summe pro Person. Einer der Akteure ist Amazon-Gründer Jeff Bezos, dessen Firma „Blue Origin“ bereits unbemannte Testflüge mit einer wiederverwendbaren Rakete erfolgreich absolviert hat. Und ab 2018 sollen Weltall-Flüge für Passagiere möglich sein.
Fazit
Gute Reise. In Zukunft.
Die Erstellung dieses Beitrags wurde vom Minister für Bundesangelegenheiten, Europa und Medien des Landes Nordrhein-Westfalen und Chef der Staatskanzlei gefördert.
Text: Christina Quast • Textredaktion: Annette Schneider
Bildredaktion: Georg Jorczyk • Redaktionsschluss: Februar 2017
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Titelbild: robuart